Seelandschaft



Entwurf zur neuen Seite "Mensch und Natur"

1. Thematische Hinführung
2. Mythos versus Logos
3 Neuzeitliches Denken - Ansätze
4. Neuzeitliches Denken - Wegbereiter und Prinzipien; ein Abriss
5. Neuzeitliches Denken - Fortsetzung

1. Thematische Hinführung>

Nietzsche: „Wir sind so gern in der Natur, weil diese keine Meinungen über uns hat."
Goethe: "Naturdichtung - stets antwortende Gegenbilder."
Goethe:"Jeder spricht sich nur selbst aus, indem er von der Natur spricht."

Vorgabe:   Aussagen über die Natur sind vielfältig und oft aphoristisch. So ist in die Darstellung der Natur immer schon die subjektive Reflexion des Schreibenden eingegangen. In Goethes Briefroman Werthers Leiden ist die Stimmung der Natur ein Spiegel der Stimmungslage des genialischen Helden. Und wenn auch die Natur dem bürgerlichen 18. Jahrhundert oft als als das Bleibende, Unveränderbare erscheinen mag, so ist sie doch in Wirklichkeit nur die Projektion von Wunschbildern.

Werther in Natur
KI (Chat GPT) generiertes Bild von Werther in bukolischer
Landschaft sitzend. Die Landschaft soll - so war die Anforderung
an die KI - Werthers heiteren Gemütszustand widerspiegeln.
Diese ist typisch für das 1. Buch des Werther.

Ein Standardmodell des 18. Jahrhunderts:   Die Natur ist dem Subjekt ein Wertbegriff für Wahrheit, Reinheit und Schönheit. Manchmal versteht sie der Betrachter auch als letzten metaphysischen Halt. Was aber, wenn sie nicht mehr antwortet und das Genie ins Leere lauscht?

Natur als Innenwelt:   Die Natur dient also der Projektion von Wunschbildern, damit wird die Naturbeschreibung zu einem Spiegel der Innenwelt einer sentimentalischen Gesellschaft. Soziale Erfahrungen erfahren eine Transformation in Beschreibungsvorgänge der Natur.

Was folgt daraus für das Verhältnis Mensch - Natur?   Die Natur mag von dem Menschen keine Meinung haben, wie Nietzsche sagt; der Mensch dafür aber eine um so ausgeprägtere von der Natur. Sie kann dem subjektiven Bemühen.- scheinbar.- keinen Widerstand entgegensetzen. Widerstand erfährt das Subjekt im Widerstreit mit Angehörigen anderer soziale Gruppen.

Werther in Natur
KI (Chat GPT) generiertes Bild von Werther, von der Lektüre
Ossians pegrägt. Die Landschaft soll - so die Anforderung
an die KI - Werthers düsteren Gemütszustand widerspiegeln.
Diese ist typisch für das 2. Buch des Briefromans.

Ein teuflischer Rat: Im 2. Teil von Goethes Faust (I,1) gibt Mephistopheles dem Kaiser, dessen Kassen leer sind, eine Empfehlung, die die Büchse der Pandora öffnet: Papiergeld als Startzeichen für eine neuzeitliche Finanzierung.(1) Erste Opfer der Akkumulation des Kapitals werden Philemon und Baucis, sie leben in einer ärmlichen Hütte am Stadtrand im Einklang mit der Natur, sind aber dem Landgewinnungsprozess des alternden Faust im Wege, widersetzen sich der Zwangsumsiedlung und werden umgebracht: Goethe hat hellsichtig den Prozess der Industrialisierung mit ihren gesellschaftlichen Folgen kommen sehen und und in seinem Spätwerk gestaltet. Opfer sind aber nicht nur die beiden Alten, Philomon und Baucis, Opfer ist auch die Natur. Diese wird in den kapitalistischen Verwertungsprozess einbezogen.

Das ambivalente Verhältnis Mensch - Natur:   Der beginnende bürgerlich-kapitalistische Verwertungsprozess, die beginnende Arbeitsteilung mit ihren sozialen Folgen führen zur gesellschaftlichen Selbstentfremdung, machen viele empfänglich für die Natur als Rückzugsraum oder Fluchtraum. Andere hingegen werden zu Protagonisten der gesellschaftlichen Dynamik und fördern diese. Hier wurde mit der Industrialisierung und der damit verbundenen Ausbeutung der Natur ein Weg beschritten, dessen Verlauf - wie die Zeit - nur in eine Richtung verläuft. Gegenwärtig können wir erleben, wie alle Bemühungen, die Dynamik der Naturzerstörung aufzuhalten, vergeblich sind.(2) Dieser Prozess wird von relevanten Gruppen der Gesellschaften geleugnet bzw. verdrängt. Auf die Folgen kommen wir an anderer Stelle zurück.

(1) Zu den Publikationen, die den 2. Teil der Faust-Tragödie als eine Vision und Kritik der Moderne verstehen s. Kaiser, Gerhard 1994 - Ist der Mensch noch zu retten? [...] - Rombach aktuell Freiburg
(2) Die US-amerikanische Philosophin Carolyn Merchant hat ein Buch vorgelegt, in dem sie den Wandlungsprozess im Verständnis der Natur vom Mittelalter in die Gegenwart darlegt. Es ist eine feministische, ökologische Kritik an den neuzeitlichen Phantasien von der Naturbeherrschung und der Folgen: Merchant, Carolyn 19 94 - Beck'sche Reihe München.

2. Mythos versus Logos

Kant hat vier grundlegenden Fragen der Philosophie formuliert: Was kann ich wissen?, Was soll ich tun?, Was darf ich hoffen? und Was ist der Mensch? Doch schon sehr viel früher, in traditionellen Kulturen ohne Schriftlichkeit hat der Mensch ebenso diese Fragen gestellt und sie mit seinen damaligen Möglichkeiten zu beantworten versucht, und zwar in Erzählungen, die als Mythen bezeichnet werden. Der Schöpfungsmythos aus Babylon (s.u.) kann als exemplarisch gelten. Es ist die Besonderheit der griechischen Kultur, dass sie diese Sichtweise hinter sich gelassen lassen konnte und zu abstrakten Erklärungen vorgedrungen ist. Beispielhaft wäre hier der Vorsokratiker Leukipp mit seiner der Kausalität als wissenschaftlichen Prinzip verpflichteten Sichtweise ist. Diese Gegenüberstellung ist etwas "plakativ" gehalten, differenzierter und ausführlich die Darstellung und Interpretation im Internet auf der Seite von philosophie-und-geist.i)


Babylonischer Schöpfungsmythos

Als droben der Himmel nicht genannt war, -
Drunten die Feste einen Namen nicht trug.
Apsu der uranfängliche, ihr Erzeuger -
Mummu und Tiamat, die Gebärerin von ihnen allen,
Wasser in eins vermischten,
Das Strauchwerk sich nicht untereinander verknüpfte,
Rohrdickicht nicht zu sehen war
Als die Götter nicht existierten, niemand
Als sie mit Namen nicht genannt, Geschicke ihnen nicht bestimmt waren

-

Da wurden die Götter in ihrer Mitte geschaffen.
Lahmu und Lahamu traten ins Dasein, werden mit Namen benannt
Äonen durchlebend wurden sie groß, wachsen empor,
Da wurden Ansar und Kisar geschaffen, sie überragen jene,
Sie ließen die Tage lang werden, fügten Jahre hinzu,
Da ward Anu, ihr Sohn, seinen Vätern ebenbürtig,
Ansar machte Anu, seinen Erstgeborenen, sich gleich,
Und Anu erzeugte als sein Ebenbild Nudimmud.
Nudimmud, seiner Väter Beherrschen war er,
Umfassend an Wissen, klug an Kräften, gewaltig,
Stark, mehr als der Erzeugen seines Vaters, als Ansar,
Nicht hatte er seinesgleichen unter den Göttern, seinen Vätern...

[...]
Apsu und Tiamat sind Urgewässer,- Apsu ist als der Süßwasserozean bekannt, der sich unter der ganzen Erde erstreckt und die Quellen und Brunnen speist-, Süßwasserozean ist auch der Persische Meerbusen. Tiamat ist der Salzwasserozean. Hier [im Textauszug] stehen sie zueinander als Mann und Frau, Zeuger und Gebärerin alles dessen, was kommen soll.

2. Eine wissenschaftlicheAntwort aus dem antiken Griechenland

Es bewegen sich infolge von Losreißung aus dem Unendlichen viele Körper von Gestalten aller Art in einem riesigen leeren Raum, diese ballten sich zusammen und bewirkten so eine einzelne Wirbelbewegung. Infolge dieser stießen sie aneinander, und wie sie auf alle mögliche Weise herumgewirbelt wurden, da sonderte sich für sich das Gleiche zum Gleichen. Da sie aber infolge ihrer Masse nicht mehr im Gleichgewicht herumgewirbelt werden konnten, entwichen die feinen Teilchen von ihnen in das äußere Leere: die übrigen aber blieben zusammen und bildeten eine kugelförmige Zusammenballung...

Das Atommodell von Leukipp, das er zusammen mit seinem Schüler Demokrit entwickelte, besagt, dass die gesamte Materie aus unteilbaren, winzigen Teilchen, den Atomen (atomos = griechisch für „unteilbar“), besteht, die sich im leeren Raum bewegen. Diese Atome hätten je nach Stoff unterschiedliche Eigenschaften wie Größe und Form, die ihr Verhalten bestimmen würden, was eine philosophische Erklärung für die Vielfalt der Materie lieferte.
Zitiert nach KI Google

3. Neuzeitliches Denken - Ansätze

Epochale Übergänge sind fließend und lassen erst in der Rückschau Ordnungsstrukuren erkennen. Und dann sind diese Strukturierungen auch perspektivisch an das erkennende Subjekt gebunden; was dazu führen kann, dass jede Fachdisziplin über eine eigene Strukturierung verfügt. Trotzdem gilt als sicher, dass im Mittelalter und der frühen Neuzeit Vorläufer der Moderne zu finden sind. Die scholastische Methode, von Thomas von Aquin perfektioniert, ist methodisch gekennzeichnet durch Berufung auf Autoritäten (Bibel, Kirchenväter, Aristoteles) und durch logische Deduktion aus ihnen.
Als einer der ersten Verfechter empirischer Methoden gilt gemeinhin Roger Bacon, (3) man kann ihn deshalb auch als Überwinder scholastischen Denkens verstehen, zumal er in der Mathematik die Grundlage der Wissenschaften sah. Die Erfahrung und das Experiment als Erkenntnisquelle brachte ihn in Gegensatz zur Kirche, die ihre Autorität bedroht sah und ihn für den Rest seines Lebens einkerkerte.
Ein weiterer Geistlicher, Giordano Bruno (4), stellte ebenfalls die Autorität der Kirche und die aristotelisch-thomistische Sicht der Dinge in Frage, und zwar mit seiner Behauptung, dass die Erde ein ganz gewöhnlicher Himmelskörper sei und die Sterne auf unzählige Welten mit bewohnten Planeten verwiesen. Das Universum sei unendlich. Seine pantheistische Weltsicht musste die Kirche ebenfalls als Infragestellung ihrer Autorität begreifen. Sie ließ Giordano Bruno am 17.2.1600 auf dem Scheiterhaufen in Rom verbrennen.

(3) s. den informativen Wikipedia-Artikel online, Suchwort Roger Bacon
(4) s. Fußnote 3 und Reinhardt, Volker 2024: Der nach den Sternen griff. Giordano Bruno. Ein ketzerisches Leben. - Beck

4. Neuzeitliches Denken - Wegbereiter und Prinzipien; ein Abriss

Giordano Bruno war, bei allem Respekt vor seinem Mut und Kämpfergeist, nur bedingt ein Wegbereiter der Moderne. Sein Denken war spekulativ-philosophischer Natur, er verzichtete auf methodische Beweismittel, die für einen neuzeitlichen Wissenschaftler verpflichtend sind. Allerdings hat er mit seinen Überlegungen das autoritär gesetzte geozentrische Weltbild, mit der stillstehenden Erde im Mittelpunkt, entschieden bekämpft. Die Erde sei ein Stern unter vielen anderen bewohnten Welten. Damit sah die Papstkirche mit ihrem angemaßten Anspruch als Hüter des christlichen Weltbildes ihr Deutungsmonopol verletzt und reagierte mit der physischen Vernichtung ihres Widerparts. Begründer der modernen Wissenschaften und des neuzeitlichen Denkens sind, um drei hervorragende Wissenschaftlicher zu nennen, Johannes Kepler, Galileo Galilei und Isaac Newton. (5) Sie sind es, die die Grundlagen der neuzeitlichen Naturbetrachtung, gerade in methodischer Hinsicht, entwickelten.
Kepler beispielsweise war der Überzeugung, dass die Naturabläufe gesetzmäßig zu erfassen seien und dass diese Naturgesetze für alles Geschaffene gelte. Außerdem hat er sich von den postulierten kreisförmigen Umlaufbahnen der Planeten verabschiedet und Ellipsen angenommen auf der Grundlage empirischer Studien. Galileo Galileo war ebenfalls ein Verfechter eines naturgesetzlichen Weltbildes und vertrat eine neue quantitativ orientierte Naturerfassung.(6) Bei der systematischen Untersuchung der Fallgesetze in Folge der Anziehungskraft waren Fallhöhe und zeitliche Dauer quantitative Größen. Hier sei noch hervorgehoben, dass sich Galilei mit seinen Fallgesetzen von der bisherigen unangefochtenen Meinung des Aristoteles, die den Segen der Kirche genoss, ablöste. Einzelheiten zu Galileis Vorgehen und seine Argumentationsweise lassen sich gut in seinen Discorsi nachlesen. Einzelheiten sind online in zahlreichen Darstellungen zugänglich, hier sei auf die Arbeit von Holger Stephan Galileis Fallgesetz und andere Naturgesetze verwiesen.(7) Isaac Newton war es, die die Grundlagen der klassischen mechanischen Physik in seiner Schrift Philosophiae Naturalis Principia Mathematica formulierte.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Beschreibungsprache der Naturgesetze, die im ganzen Universum gelten, ist die Mathematik. Die Erde wird aus dem Mittelpunkt des Universums verbannt und ist ein Himmelskörper unter vielen. Das Prinzip der Kausalität ist verbindlich für alle Naturvorgänge. Methodisches Vorgehen ist die Befragung der Natur durch Experimente, um die Vorgänge in Gestalt von Naturgesetzen zu fixieren. Diese Eckpunkte galten bis an das Ende des 19. Jahrhunderts, bis das mechanistische Naturbild durch Einstein und die Physiker des 20. Jahrhunderts erweitert wurde.(8)
Die Darstellung hat den Gang der Entwicklung des Denkens als zwangsläufigen Prozess abgefasst. Das gilt aber nur für eine Minderheit der frühneuzeitlichen Menschen, auch wenn es sich hier um eine Avantgarde in mehrfacher Hinsicht handelte. Ihre gesellschaftliche Stärke (ein schöner Begriff von Norbert Elias) hat es ihr ermöglichkeit, die neue Naturauffassung für eine grundlegende Umwandlung der ökonomischen Basis zu nutzen: Industrialisierung. Die Ntur wurde einem brutalen Änderungsprozess unterzogen. Allerdings, und das ist zu betonten, stand die Mehrheit der Gesellschaften außerhalb Europas, aber auch in den Ländern der Transformation selbst, dem Wandel ablehnend gegenüber, und zwar aus den unterschiedlichsten Gründen: Sei es Analphabetismus, Verankerung in traditionellen Glaubesvorstellungen oder aus humanen oder ideologischen Gründen. Von diesen Gruppen wird weiter unten die Rede sein.

5. Neuzeitliches Denken - Fortsetzung

under construction

(5) Die Literatur ist gut zugänglich; immer empfehlenswert dieWikipedia-Artikel im Netz.
(6) Auch hier ist die Literatur außerordentlich umfangreich. Zur ersten Orientierung möchte ich von Hans Joachim Störig die Kleine Weltgeschichte der Philosophie empfehlen.
(7) Hier ist ein Fachaufsatz mit dem Titel Galileis Fallgesetz und andere Naturgesetzevon Holger Stephan von der Forschungsgruppe Numerische Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen Berlin hier nachzulesen
(8) Die Wahl eines zutreffenden Verbs ist schwierig: In der Öffentlichkeit überwiegt auch nach dem Paradigmawechsel das mechanistische Denken, insoweit ist das schwächere "erweitert" richtig gewählt. In naturwissenschaftlicher Hinsicht aber handelt es sich bei der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik um einen wissenschaftlichen Paradigmawechsel (Thomas S. Kuhn). Dieser wird aber nur von einer Minderheit verstanden.